es gibt sie doch die AWO 700

  • AWO 700

    BMW R75/3 mit Seitenwagen 285/3 oder EMW 285/3

    Dieses Gespann ist das Kind mehrerer Eltern und es ist nicht so ganz klar, wessen Namen es wirklich tragen müsste.

    Die Grundkonstruktion stammt von BMW in München als BMW R75 oder Modell 275/2.

    In Eisenach bei EMW wurde diese nach dem Krieg in Details verbessert aber auch verschlechtert und hatte dort die Bezeichnung 275/3.

    In Zschopau als AWO 700 dann in Kleinserie als Versuchsfahrzeug gebaut.

    Sie heißt Heute AWO 700
    [Blockierte Grafik: http://www.wehrmachtsgespann.de/AWO-110.JPG]

    Im Jahr 1951-52 erhielt das EMW Werk, Nachfolger des BMW-Werk in Eisenach, den Auftrag auf Grundlage der BMW R75, die bis 1944 in diesem Werk gefertigt wurde, eine neue verbesserte Ausführung zu konstruieren.
    Als wirkliche Neuerung darf die erfolgte Neukonstruktion des Motors angesehen werden. Der Motor erhielt ca. 700 ccm, wobei die Zylinder jeweils um 7° angehoben wurden, um mehr Bodenfreiheit zu erlangen.

    Die Verbesserungen wurden auf Grund der Erfahrungen, welche mit den Wehrmachtsgespannen erlangt wurden, durchgeführt. Das Boot wurde vorn verkürzt. Dies ist sinnvoll, damit man mehr Bodenfreiheit erhält beim Durchfahren von tiefen Bodenwellen. Die Zylinder wurden über das bei Zündapp KS 750 bereits vorgenommene Maß angehoben, um auch dort mehr Bodenfreiheit zu erlangen. Das Zündmagnet wurde absolut gekapselt untergebracht wie auch die Lichtmaschine.

    Aber es wurden auch Teile bei der Vereinfachung verschlechtert. Das Kardangelenk wurde durch die einfache Gummischeibe wie bei den russischen Motorräder üblich ersetzt. Diese waren aber viel zu schwach und rissen häufig ab. Auch das Zündmagnet war keine solide Konstruktion. Die Kofferklappe wurde einfacher gestaltet, hatte aber den Nachteil, dass man sich beim Bedienen des Öffnungshebels gewaltig die Finger klemmen konnte.

    Nur zehn Motorräder in verschiedener Ausführung sowie 14 Motoren sind beim Simson Werk (AWO) in Suhl hergestellt worden. Nach Aussagen von Simson Mitarbeitern, die an der Herstellung der Funktionsmuster beteiligt waren, erfolgte die Herstellung unter völliger Abschirmung in einer gesonderten Abteilung bei AWO, da es sich um die geheime Entwicklung eines militärischen Fahrzeuges handelte. Die KVP, das ist die Kasernierte Volkspolizei, holte alle Motorräder, Motoren und Unterlagen zur Erprobung ab. Es blieb bei der Kleinserie der Versuchsfahrzeuge.

    Der normalerweise üblichen Verschrottung nach der Erprobung entgingen einige Exemplare. Zwei sollen nach Schweden verkauft worden sein. Aber es wurde nie mehr was von ihnen gehört. Das oben abgebildete Fahrzeug, welches in der DDR überlebte, konnte ich von seinem Besitzer kaufen. Es ist wohl eins der letzten in Kleinserie noch auf Basis der BMW R75 hergestellten AWO 700 Gespanne.


    Geschichte meiner AWO 700

    H-P Hommes

    Nach der Wende:

    Der Chef eines Kabelverlegungsunternehmens entdeckt bei Arbeiten in der ehemaligen DDR Anfang der 90er Jahre auf einem Bauernhof eine BMW R75 mit einem seltsamen Motor und kauft sie. Der Verkäufer gibt an, dass Gespann sei zwar als BMW R75 zugelassen, aber das sei ein Prototyp von EMW. Wie er an das Gespann kam, ließ sich nicht klären.

    Der neue Besitzer versucht das Gespann, AWO 700 zu verkaufen.

    Kaufinteressenten wollen von dem "verbastelten Russen" jedoch nichts wissen, da der Verkäufer für sein einmaliges Fahrzeug auch einen guten Preis erwartet. Ich besichtige das Motorrad 1998 und erkenne, dass dies der Motor ist, von dem ich bei Recherchen zu einem Buch über die BMW R75 in einem Staatsarchive Zeichnungen gefunden hatte, die aber nicht zu einem mir bekannten Motor von BMW zuzuordnen waren.
    Ein Foto mit diesem Motor wird von mir gefunden und der Fahrer, ein ehemaliger Oberleutnant der NVA ausfindig gemacht. Weitere Informationen ergeben, dass es sich tatsächlich um eines der damals in den 50er Jahren hergestellten Versuchsmodelle der AWO 700 handelt. Es ist die einzige komplett AWO 700, die noch erhalten ist.


    Recherche zur BMW R75 von mir in einem Staatsarchiv:

    Bei Unterlagen der BMW R75 werden seltsame Motorzeichnungen entdeckt. Die Technischen Zeichnungen der BMW R75 sind in der Nummer geändert. 275 0... Die Null ist ausgekratzt und durch eine 3 ersetzt.

    Hier waren die bei EMW vorhandenen Zeichnungen der BMW R75 einfach auf 275 3 ... umgeändert worden, um darzustellen: Wir haben das selbst entwickelt, dass ist nicht gleich mit der BMW R75 oder 275 2 ...

    Auf anderen Zeichnungen, die einen mir damals unbekannten Motor betreffen, ist ein Stempel aufgebracht mit der Aussage: Diese Zeichnung unterliegt nicht dem Änderungsdienst. Da musste nicht gekratzt und überzeichnet werden mit einer 3, dies waren wirkliche bei EMW erfolgte Eigenentwicklungen.


    Auf schriftliche Anfrage an das Simson Werk nach der Wende.

    Frage: Haben Sie Unterlagen zu einer AWO 700?

    Antwort:
    Nie von einer AWO 700 gehört, wurde auch nach unseren Archiv-Unterlagen hier nie gebaut.


    Telefonische Nachfrage bei leitendem Angestellten. bei Simson (AWO)

    Ihm war es seltsam, dass ich auch nach einer AWO 700 fragte, da vor ein paar Jahren, noch zu DDR Zeit, jemand aus Schweden Ersatzteile für einen 700 ccm Boxer Motor haben wollte, der angeblich bei Simson hergestellt worden war. Schriftverkehr mit dem Schweden ist aber nicht mehr vorhanden. Aber auch damals habe man nur sagen können, dass so ein Gespann ähnlich BMW R75 nie hier bei Simson gebaut wurde.


    Monate später kommt ein Schreiben von Simson.

    Leitender Angestellte schreibt:

    Wir hatten jetzt eine Betriebsfeier und dort waren auch einige ehemalige Mitarbeiter, die bereits Rentner sind. Ich habe dort mal nachgefragt und zu meinem Erstaunen ergab es sich, dass es stimmt. Hier wurden in den 50er Jahren eine Anzahl von Versuchsmotorräder in Kleinserie mit ca. 700 ccm und Boxermotor gebaut.

    Mehrere der Rentner bestätigten, dass eine AWO 700 gebaut wurde. Die gesamte Entwicklungsarbeit sei von EMW erbracht worden. Es war alles auf Basis der BMW R75. Der Motor war eine eigene Entwicklung unserer Leute in Eisenach. Man habe in einer geheimen und abgetrennten Abteilung so um die 10 Gespanne und einige Motoren mehr gebaut. Es war eine militärische Entwicklung und nur zuverlässige Mitarbeiter, die zur Geheimhaltung verpflichtet waren, durften daran arbeiten.
    Die Armee habe eigene Ingenieure zur Überwachung geschickt. Die haben auch alles, als es fertig war, abgeholt. Einschließlich aller Werkzeuge, Zeichnungen einfach alles was das Gespann betraf. Danach hat man von dem Gespannen nichts mehr gehört. Wir waren der Meinung das die Entwicklung des Gespanns für die Russen war.

    März 2008

    Ich erhielt einen freundlichen Anruf eines älteren Herrn, der diese Seite im Internet mit Interesse gelesen hatte. Er kenne einen ehemaligen Besitzer solch eines Gespanns, der in der Nähe von Dresden lebe. Er gab mir nach Rücksprache mit dem Herrn dessen Telefonnummer. Was sich dann zu meiner Freude herausstellte, war er der frühere Besitzer meiner AWO. Er hatte Fotos und was für mich noch überraschender war, er besaß das original Typenschild, was er damals, aus welchen Gründen weiß er nicht mehr, als Erinnerung behielt.

    An meiner AWO fehlte dies, auch habe ich keine Fahrgestell Nr. gefunden. Aber einen Buchstaben und eine Zahl -V4 -. Das Typenschild hat genau diese Angaben. V = Versuchsfahrzeug und die 4 für das vierte Fahrzeug.

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    Hier ein kurzer Bericht aus der Historie seines AWO 700 Gespanns.

    Ende der 60er Jahre, ich war damals Student, habe ich in Zwickau ein großes, schwarzes vermeintliches BMW Gespann gekauft. Das Motorradgespann war in einem sehr guten technischen Zustand. Der Vorbesitzer erzählte mir, dass es von diesem Gespann nur einige wenige geben würde und die Vorbesitzer zuerst die KVP (Kasernierte Volkspolizei) und dann die GST (Gesellschaft für Sport und Technik) gewesen seien. Dort habe man das Gespann benutzt, um Jugendlichen etwas Fahrunterricht zu geben und an die Technik heranzuführen. Er meinte auch, dass dieses Gespann aus einer eigenen Produktion der DDR in kleiner Serie sei.

    Bei minimalen Pflegeaufwand, wie Ölwechsel und Ventilspielkontrolle wurde das Motorrad viele Jahre von mir gefahren. Vornehmlich habe ich es für Urlaubsfahrten aber auch für den Transport von schwerem Baumaterial benutzt. Auch in Schnee und Eis habe ich Fahrten im Erzgebirge unternommen, ohne dass jemals ein größerer Schaden aufgetreten ist. Als Kraftstoff habe ich oft dem Benzin bis zu 50% Waschbenzin hinzugefügt, was der Motor klaglos akzeptierte. Ich habe aber in all den Jahren nie ein anderes Gespann dieser Ausführung bei uns in der Republik gesehen oder davon gehört.

    Als ich dann einen PKW Trabant erwerben konnte, habe ich das mittlerweile äußerlich stark ramponierte aber immer noch fahrbereite Gespann an jemanden verkauft, der im Norden der Republik in der Nähe von Rostock wohnte. Das Typenschild habe ich aus irgend einem Grund behalten und bis heute aufbewahrt. Ich habe auch noch das Werkstatthandbuch der BMW R75 in meinem Besitz. Da war zwar nichts über meinen Motor drin, aber sonst war das Buch sehr hilfreich.

    PS: Wegen dem Buch braucht ihr nicht nachzufragen, ist bereits verkauft.

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    Fahrbericht 2007

    H-P Hommes

    Nachdem das Zündmagnet der AWO 700 überholt und neu magnetisiert wurde war sie dann bereit anzuspringen. Der Motor läuft etwas rau. Dies ist aber nicht konstruktionsbeding, sondern da ich den Motor nicht zerlegt habe und alles dort noch im Originalzustand ist, ist dies wohl altersbedingt. Hört sich im Leerlauf so an als sind die Pleuellager nicht mehr die Besten. Sie fährt sich wie eine BMW R75 allerdings ist der Motor etwas Leistungsstarker. Das merkt man beim Beschleunigen. Auf dem Treffen in Brisighella hab ich die AWO über mehrere Tage gefahren. Sie läuft zuverlässig, springt gut an und hielt bei einem Geschwindigkeitstest mit Wolfgangs BMW R75 und seinem 800 Motor problemlos mit. Ich konnte ihn zwar nicht überholen aber die gleiche Geschwindigkeit brachte die AWO 700 locker.
    Das verkürzte Boot bring echte Vorteile im Gelände. Wie oft haben wir mit der R75 die vordere rechte Packtasche abgefahren und das Boot in den Boden gerammt. Das passiert bei dem verkürzten Boot nicht. Allerdings hat man sich eine mistige Hebelkonstruktion ausgedacht um das Boot zu öffnen. Da klemmt man sich schnell gewaltig die Finger. Da war das Steib Boot viel besser gebaut.
    Der Tank ist etwas eckiger gebaut. Das kann aber auch daran liegen, dass man ihn von Hand hergestellt hat. Das Getriebegehäuse ist in einer neuen Form gegossen worden. Oben fehlt im Guss die plane Fläche für den Getriebeluftfilter. Auch die vordere Bremsankerplatte ist aus neuer Form.

    Jetzt steht das Schätzchen in meiner Garage. Ich hatte es einem Museum im Osten angeboten als Leihgabe, aber deren Chef winkte ab. Man wolle nur Top restaurierte AWO und Simson Motorräder und das Gespann würde mit seinem Mattlack nicht in die Sammlung passen :( Na, dann eben nicht!

    Die BMW R75 stammt für einige Leute aus faschistischer, die AWO 700 für andere aus antifaschistischer Zeit.
    So kann man immer historische Fahrzeuge, je nach Standpunkt des Betrachters, ignorieren, die aus einer "politisch nicht korrekten Zeit" stammen.

    Für mich sind es unpolitische Oldtimer Fahrzeuge, die die Technik einer Zeit repräsentieren.


    weiteres gibts unter der seite http://%22http//www.wehrmachtsgespann.de/emw.htm%22
    für mich sehr interessant solche geschichten um verschollene motorräder zu lesen!

  • Re: es gibt sie doch die AWO 700

    Ich danke dir für den Beitrag,sehr interessant.

    Ich hab tatsächlich was dazu gelernt

    Volvo v70
    Wartburg 311 BJ1962
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    Iwl Berlin
    Simson S50

  • Re: es gibt sie doch die AWO 700

    mir wurde immer gesagt das die awo 700 nur ne "gute nacht geschichte" ist und sowas in wirklichkeit nie gab
    und auf der internetseite gibts noch mehr bilder und daten :exclamation:

  • Re: es gibt sie doch die AWO 700

    Das einzige was mich etwas wundert ist die Tatsache das die überhaupt gebaut wurden?Etwa für einen weiteren Krieg?Für Russland?Ehr nicht weil der Russe hat seine Ural,die sind nicht weniger Geländegängig als die R75..

    Das Gesamte Vorhaben ist also Quasi unnütz.
    Aber trotzdem Hochinteressant

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  • Re: es gibt sie doch die AWO 700

    naja die Ural Gespanne waren ja auch nur BMW Kopien soweit ich das mit meinem geringen Wissensstand hier behaupten kann.

    Und ja. Stalin hat den Ostblock für einen neuen Krieg aufbauen wollen... ob das etwas mit der AWO 700 zu tun hat kann ich nur ahnen, aber der Aufbau der Schwerindustrie und der konventionellen Armeen war definitiv dadurch motiviert, dass man sich für einen erneuten Krieg rüstete. So aber nu wieder zur AWO 700... interessante Maschine.

    "Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart." - Curt Goetz

  • Re: es gibt sie doch die AWO 700

    was mich noch wundert ist ja das sie als nicht tauglich eingestuft wurde und es einige schwachstellen und fehlproduktionen gab, die aber trotzdem ohne richtige ersatzteile so lange einwandfrei lief :rockz:

  • Re: es gibt sie doch die AWO 700

    sehr schön zu lesen und echt schickes teil...

    etwas neid kommt gerade auf hehe :heuldoch:

    _____________________

    Mein Fuhrpark:
    -----------------
    S 51 N
    MZ ETZ 250
    MZ ETZ 250 Gespann
    MZ 1000 SF

  • Re: es gibt sie doch die AWO 700

    letztens stand in Suhl auch ne Boxer AWO. Die sah allerdings komplett anders, viel mehr nach AWO aus. Ich müsst auch noch Bilder haben

    How do you like your twostroke, angry or really angry?

  • Re: es gibt sie doch die AWO 700

    frag doch mal ob sie die in suhl im simson museum haben wollen...weil da stehen ja awos

    1xKR50 Bj1962
    1xKR51/1 K Bj1975
    1xKR51/2N Bj1982
    1xS51 B2-4 Bj 1984
    1xS51 E4 mit LT85 Bj1987
    1xMofa SL1S Bj1972
    1xMKH/M1 Bj1973
    1xMKH/M2 Bj1982
    1xMKH/M3 Bj1979
    1xTrabant 601S Bj 1988
    1xIFA W50 LA/A/C Bj1988
    1xHL50.02/1 DR Profil Bj1983

  • Re: es gibt sie doch die AWO 700

    Auf der Info Tafel steht "AWO 750 Gespann" :rolleyes:

    SR 2, S 50B 2mal, S 51 (60ccm), S 70, KR51/2 -2mal,
    ETZ 250 -2mal, Trabant 601 -2mal, Wartburg 1,3 -3mal, Wartburg 353 Tourist 2x, Wartburg 353 S, Barkas B1000 KB

  • Re: es gibt sie doch die AWO 700

    Und der Bock stand im Museum oder wie?

    Ich frag mich ernsthaft warum ich davon erst jetzt gehört hab.

    Was mich allerdings wundert ist folgendes:
    Die 700er wurde doch als Geländefahrzeu konzipiert,richtig?
    Warum ist dann diese auf den Bildern so sehr auf Strasse gemacht?Auch nen Stinknormaler Stoye dran,das passt nicht.
    Evtl ein völlig anderer Prototyp???

    Auf jedem fall steht ihr der Boxermotor verdammt gut,Das DIng sieht wirklich Geil aus.

    Volvo v70
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    Simson S50

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