Hallo,
beim Thema „Tank entrosten“ bin ich mir im Klaren darüber, dass es unzählige Beiträge dazu gibt – aber möglicherweise ist bereits einigen aufgefallen, dass besondere Erbstücke mit Originaltank oder andere Kostbarkeiten ein paar mehr Informationen benötigen, als „mach dies und danach nach Gefühl das und dann musste es passen… habe ich immer so gemacht… in mehrere Varianten von Bastlern“. Das Teilen von Erfahrungen ist sehr wertvoll, allerdings braucht man für besonders sensible Objekte einige Informationen mehr und erst recht, wenn man wie ich jetzt das erste mal vor seiner Problemstellung steht.
Ich habe nun genau diesen Fall - ein Erbstück S51 (1981) mit derb rostigem Tank. Natürlich Originallack. Ich möchte diesen unbedingt retten.
Am Besten gehe ich kurz die Logik des "Tank entrostens" durch und adressiere die Positionen, die ich nicht klar verstehe:
1.) Den Tank außen mit Fett oder Creme einreiben, damit keine Schäden entstehen wenn doch etwas auf den Lack kommt. Klingt logisch.
2.) 260 – 300 g Zitronensäure in den ausgebauten rostigen 10L-Tank und heißes Wasser drauf. Gut schütteln, danach mit kochendem Wasser den Tank voll machen.
24h stehen lassen, immer mal wieder schütteln. Nach 24h Deckel auf und dann? Genau wie viel Soda (Natriumcarbonat) muss jetzt in den Tank mit der Brühe? 1 Teelöffel? Das hängt angeblich stark vom ph-Wert ab. OK, Lackmuspapier kostet nicht die Welt – ABER: Hat das denn nicht schon mal jemand gemessen? Gibt es Erfahrungswerte? Ich frage deshalb, weil das Neutralisieren mit Soda die Brühe schnell in Richtung Base kippen kann und da hilt es auch nicht wenn man viele Teststreifen verbrät – denn es ersetzt nicht die Erfahrung (=Schlüsselwort). Daher hoffe ich auch auf einen konstruktiven Austausch mit euch, um das Vorhaben besser angehen zu können.
Säuren und Basen sind beides Lackfeinde – von Augen und Haut ganz zu schweigen. Soweit verständlich.
Die Brühe sollte also halbwegs neutral aus dem Tank kommen und sofort in einen -am besten 20L- Entsorgungsbehälter wandern. Gut, wäre bis hier mit Teststreifen & Co. Noch halbwegs verständlich.
3.) Sofort nach dem Auskippen der Brühe soll am besten ¼ Flasche Spiritus zum Wasser binden in den Tank, zum Schutz vor schlagartiger Säurekorrosion, und ordentlich schütteln. Danach ebenfalls in den Behälter zum Entsorgen kippen. Gut, klingt auch logisch.
4.) Jetzt wird es unlogisch: Nach Punkt 3 soll man wieder mit Wasser spülen und am besten mit etwas Spüli. Hm, zuerst binde ich das Wasser mit Spiritus, damit es Säurekorrosion verhindert und nun spüle ich den Tank sehr häufig erneut mit Wasser. Das würde praktisch doch nur die letzten Reste Zitronensäure bis zur Unkenntlichkeit verdünnen aber der Tank setzt so oder so sofort wieder Flugrost an, weil ich ja mit Wasser spüle. Das scheint mir also unlogisch.
5.) Wieder logisch: Prüfen wie es im Tank aussieht, Vorgänge bis hier im Zweifel wiederholen - außer den im Moment noch fraglichen Punkt 4.
6.) Jetzt wiedersprechen sich die Geister massiv und es wird für mich undurchsichtig: 85%ige Phosphorsäure soll den letzten Rost im Tank umwandeln, soweit das Argument. Chemiker sagen aber, dass das diese Säure bei Zimmertemperatur gar nicht kann und der Wasseranteil auch zu niedrig ist. Die Säure ist angeblich zu stark und deswegen sind die „richtigen“ (teuren) Rostumwandler auch mit Additiven angereichert, die die Reaktion bei Zimmertemperatur ermöglichen und gleichzeitig die Fläschchen zudem gleich die richtige %-Zahl Säure haben. Angeblich kann man aber eine ausreichende 30%ige Mischung erreichen, indem man einfach etwas kochendes Wasser in den Tank kippt – der Knackpunkt: Extrem gefährlich. Damit hat man nun zwar eine hohe Temperatur und eine niedrigere Säurestärke im Tank aber die Dämpfe sind angeblich hochgiftig, hochreizend, hochgefährlich – die reine Säure ganz zu schweigen.
Weiter geht’s: Ist diese Mixtur im Tank: Nach intensivem Schwenken und schütteln und drehen, die Säure extrem vorsichtig auskippen (ja wohin? In den 20 L Entsorgungsbehälter?) und dann den Tank trocknen lassen. Möglichst mit Heißluftföhn ODER für das Benzingemisch vorgesehenes Öl (200 ml) in den Tank, ordentlich schütteln und drehen und dann wieder verbauen. Sitzt der Tank, den Rest mit Super-Benzin auffüllen und das sollte es gewesen sein. "Die paar Wassertropfen" gehen so durch oder eine Verschlusskappe Spiritus in den Tank.
Aber jetzt kommt es – die Fragen der Logik:
Pos 1.)
Beim ersten Vorgang hilft angeblich auch eine Hand voll alte Muttern und Schrauben in den Tank mit rein zu werfen, sodass die erste Ladung kochendes Wasser in der Zitronensäure den ersten Rostlösevorgang richtig gut unterstützt und dabei hilft, die Säure mit dem Wasser gut zu vermischen. Was ich nicht verstehe: Die Säure dürfte das Zink der Muttern und Schrauben ablösen – chemisch ist das nicht unwichtig.
Split und Steine sollte man angeblich nicht unbedingt nehmen – können sich wohl verkannten oder wenn sie zu spitz sind das blanke Metall zu sehr „belasten“. Vor allem bei sensiblen Tanks.
Pos 2.)
Es gibt keine verlässlichen Angaben, welche Menge Soda man zum Neutralisieren der 10L Zitronensäure benötigt und erst recht keine Angaben wie viel für die Phosphorsäure, die man ja nicht im Tank neutralisieren darf. Beides sind Säuren, die man mit Soda neutralisieren kann, soweit ist das verständlich aber unabhängig eigener Tests mit Lackmuspapier wären Erfahrungswerte echt nicht schlecht. Es Leute, die das das erste mal machen und da hilft jeder Erfahrungswert.
Pos 3.)
Im 20L-Entsorgungsbehälter befindet sich jetzt eine Mischung aus altem Öl, Rost, Benzinresten, halbwegs neutralisierter Zitronensäure, Spiritus und der blanken Phosphorsäure. Nun war die Brühe Zitronensäure neutralisiert und etwas Spiritus kam drauf aber durch das Einkippen der Phosphorsäure bewegte sich das Gebräu wieder in Richtung Säure…
Jetzt mal von mir, als chemischem Laien: Unabhängig einer weiteren Neutralisierung des Inhaltes im Entsorgungsbehälter, sind da jetzt zig Chemikalien drinnen: Die reagierte Zitronensäurereste, reagierte Phosphorsäurereste und Spiritus. Passt das eigentlich alles zusammen?
Stark verdünnte oder neutralisierte Zitronensäure kann eigentlich in den Abfluss, soweit ist mir das klar. Sie ist nur im Entsorgungsbehälter, weil sie eine Menge klebrigen öligen benzinhaltigen Rost-Misch-Masch aus dem Tank brachte.
Spiritus mal schnell verbrennen? ¼ L brennt ewig – lieber in den Entsorgungsbehälter, der theoretisch jetzt eine hochkonzentrierte neutralisierte Zitronenbrühe ist.
Nun zur Phosphorsäure… Die ist wohl von allen Bestandteilen die Übelste und ich bin mir schon wegen der Dämpfe nicht sicher und erst recht nicht, was im Entsorgungsbehälter passiert.
Pos 4.)
Viele Sprechen von der letzten „Tankbehandlung“ mit Bleikugeln. Kann man darüber nachdenken? Macht das nach der Phosphorsäurekur überhaupt Sinn?
Danke, dass wir über das Thema nochmal diskutieren, der Tank ist es mir wert und ich denke, dass einige Fragen auch anderen helfen.
PS: Die o. g. Reagenzien habe ich alle schon gekauft und versuche nun den Ablauf mit eurer Unterstützung abzustimmen.
In diesem Sinne vielen Dank!