Zylinder einfahren als Neueinsteiger

  • Glück Auf aus dem Erzgebirge,

    ich bin seit Januar Besitzer einer schönen alten S51 B 4 Gang.
    Ich habe das Moped nahezu original übernommen und es soll ein Sonntagsfahrzeug werden, ohne großartiges Tuning.
    Bis auf eine 50ccm Zylinderoptimierung des DDR Zylinders und solche Kleinigkeiten, wie schwarze Felgen, mit schwarzer Nabe und schwarzen Schutzblechen, bisschen Ausbessern von größeren Blessuren und einer Vape Zündung, anderer Gepäckträger, darf die Gute original bleiben. Alle defekten oder "ausgelatschten" Teile werden natürlich auch getauscht.
    Aber vor allem das leicht verlebte saharabraune Tankset hat es mir angetan. Das wird nur mit Owatrol Öl konserviert.

    Nun komme ich aber zu meinem Anliegen.
    Der Motor des Mopeds wurde regeneriert und dann kommt auch bald der optimierte Zylinder mit 2 Ring Barikit Kolben dazu.
    Ich bin noch nie weiter als 100 Meter mit einer Simson gefahren und habe ein wenig Bedenken, dass ich das Motörchen mit meiner Anfängerfahrweise schädigen könnte.
    Ich denke speziell daran, wenn sie mir zu Beginn ab und an ausgehen wird, die Kupplung komisch rutscht und und und. Die Klassiker eben...
    Wie man eine Simson theoretisch einfährt, habe ich schon ein wenig recherchiert.

    -Das Fahrzeug nicht im Drehzahlkeller bewegen. 3/4 Gas ist sinnig. Bis 50 km eher 30-50% Last.
    -Vergaser zu Beginn etwas fetter einstellen und 1:25 oder 1:33 fahren.
    -Häufige Lastwechsel und Gangwechsel

    Ich würde mich freuen, wenn ihr mir noch den ein oder anderen Tipp mit in die Tasche stecken könnt und mir vielleicht meine Bedenken nehmen könnt. :D

    Das Bild ist übrigens entstanden als Sie nach 7 Jahren Standzeit aus der Garage gekramt wurde - die ungeschönte Wahrheit.
    Aber Sie sprang an!!!
    Nach ein wenig Putzen sah es gleich ganz anders aus. :)

    Einmal editiert, zuletzt von Erznuss (26. März 2021 um 10:38)

  • Gute Basis, da macht es Sinn keine größeren Eingriffe zu machen. Beim Einfahren sollte man es nicht übertreiben. 1:33 reicht völlig, Vergaser nicht fetter einstellen. Der Rest passt, 50km ruhig und dann langsam steigern. Ruhig auch Vollgas durchbeschleunigen, eben keine langen Vollgasfahrten. Und Kerzenbild im Auge behalten. Aber da hat jeder seine eigene Technik.

  • Mehr Öl fahren ist nicht unbedingt von Vorteil, denn wo Öl im Gemisch ist kann kein Kraftstoff sein. Das bedeutet mit mehr Öl magerst du das Gemisch ab, dabei reduziert sich die Innermotorische Kühlung und die Verbrennung wird zusätzlich heißer, zum Einfahren nicht so optimal.

    Daher besser die Teillastnadel, ein, zwei Kerben anheben um das Gemisch anzureichern. In der kalten Jahreszeit ist diese Maßnahme eh angeraten, weil auf Grund der physikalisch bedingten höheren Luftdichte das Gemisch eh magerer ist als bei sommerlichen Temperaturen.
    Und immer eine Hand an der Kupplung!


  • Mehr Öl fahren ist nicht unbedingt von Vorteil, denn wo Öl im Gemisch ist kann kein Kraftstoff sein. Das bedeutet mit mehr Öl magerst du das Gemisch ab, dabei reduziert sich die Innermotorische Kühlung und die Verbrennung wird zusätzlich heißer, zum Einfahren nicht so optimal.

    Deshalb lieber 1:100 in der Einfahrphase :thumbup:

    Wer IFA fährt, fährt nie verkehrt.

  • Okay, ich bin raus.

    An den Neueinsteiger:
    Einen Tick fetter in der Einfahrphase (z. B. erste Tankfüllung 1:40) ist vollkommen okay,
    Lastwechsel und häufige Gangwechsel ebenfalls,
    Gasstellung generell aber voll aufgezogen, um nicht die ganze Zeit im (eventuell) mageren Teillast zu sein.
    Die volle Innenkühlung kommt auch erst bei Vollgas zustande.
    Wichtig: Bei Abfahrten immer schön Zwischengas geben.
    Motor niemals "schieben" lassen.

    Nach 50-100km sind auch längere Vollgasphasen möglich.

    Aus meiner Sicht, ist dann die Einfahrphase abgeschlossen.

    Wer IFA fährt, fährt nie verkehrt.

  • Mach so wie es MRK sagt, da machste nichts falsch.
    Ich persönlich lass meine Zylinder 2x 10 Minuten warmlaufen, dann die ersten paar Meter vorsichtig um ungefähr zu schauen wie die Vergaserabstimmung ist und dann eigentlich sofort vorn Latz, Feinabstimmung, wenn nötig, natürlich noch. Würde ich dir so nicht empfehlen, ich bau meine eigenen Zylinder und würde auch sagen, dass ich genug Erfahrung habe um das sicher zu machen, sollte nur zeigen, dass solche Einfahrgeschichten wie "1000km nur halbgas" oder ähnliches, was man oft von Älteren Herren hört, absolut nicht nötig sind und teilweise schädlich sein können.

    Fuhrpark:
    Simson S100 TÜV
    Simson SR90 Umbau
    Kawasaki Z900
    Instagram: 2stroke_fanatic

  • Beim Einfahren geht es weniger um das vermeiden eines evtl. Festgehens des Motor, sondern vielmehr um günstige Ausgangsbedingungen für einen späteren wirtschaftlichen Betrieb mit guter Motorleistung zu schaffen. Das gilt natürlich nicht nur für Kolben und Laufbahn, sondern auch für das Getriebe bis hin zum Kettentrieb.

    Man sollte es daher unterlassen den Motor mit hohen Verbrennungsdrücken zu beaufschlagen, weil auf Grund der anfänglich schlechten Dichtleistung der Kolbenringe, der Zylinder und Kolben unnötig durch erhöhtes Blowby aufgeheizt wird, genauso ein Fahren in niedrigen Gängen mit wenig Schieberöffnung, hierbei fehlt die äußere Kühlung bei zu geringem Gemischdurchsatz. Der Grundgedanke ist die Laufgarnitur etwas kühler zu halten, weil der Kolben sich immer mehr ausdehnt als die Buchse, egal ob Alu oder Guss. Der Kloben ist eines der thermisch hochbelastesten Bauteile im Motor.

    Verwendet man bei seriennahen Motoren, um welchen es ja hier zu gehen schein, ein hochwertiges Motoröl (zum Bsp. M800), so muss man in der ersten Phase nicht mehr Öl fahren, sondern vielmehr kann man nach dieser Phase das Öl reduzieren, bis hin zu 1:80 reichen hier aus. Man kann die heutigen modernen Öle nicht mit den Damaligen vergleichen. Fährt man in der ersten Phase mit mehr Öl magert das Gemisch wie o.g. ab und durch mehr Öl verlängert sich nur der Einlaufprozess. Es gibt auch spezielle Einlauföle welche mit abrasiven Additiven legiert sind um den Prozess zu verkürzen. Hier sollte man aber rechtzeitig auf normales Öl umstellen, sonst ist in Kürze die Verschleißgrenze der Laufgarnitur erreicht.

  • folgendes zur Theorie:

    Öl hat einen höheren Brennwert als Benzin. Je mehr Öl im Gemisch ist desto niedriger wird der AFR-Wert, d.h. das Kraftstoffluftgemisch wird fetter.
    Öl hat eine hohe Zündwilligkeit, d.h. je mehr Öl im Gemisch ist desto geringer wird die Klopffestigkeit.

    Beim Einfahren müssen die Bauteile noch aufeinander einlaufen, dies geschieht durch Reibung. Je mehr bzw. besser geschmiert wird(Verminderung der Reibung) desto länger dauert das Einfahren.
    Um beim Einfahren die Klemmneigung zu verringern ist es sinnvoll die innere Kühlung zu erhöhen. Deshalb wird die Teillastnadel um eine Kerbe höher gehangen. Während der kalten Jahreszeit kann man zusätzlich noch auf die nächstgrößere HD wechseln.
    Bei einem neuen Motor muß das Getriebeöl nach ca. 500km erneuert werden um den Abrieb auszuspülen.

  • Immer Vollgas. Grund wurde schon genannt: Kühlung durch Sprit.
    ALLERDINGS solltest du gut auf deinen Motor hören. Nimmt dieser gut Gas an und macht dieser keine ungewöhnlichen Geräusche gibts keine Bedenken. Erste Tankfüllung kannst du gern 1:40 fahren.

    Ein Klemmer kündigt sich immer an. Da hast du ca. 1-2 Sekunden zum reagieren. In dem Fall sofort Choke ziehen. Dir wird dein Moped dann absaufen, bekommt allerdings sofort viel Sprit und wird dadurch gekühlt. Kurz abkühlen lassen und dann entspannt nach Hause fahren. Vergasereinstellung überprüfen.

    EDIT: das ist MEINE Technik. Da scheiden sich allerdings die Geister.


  • folgendes zur Theorie:

    Öl hat eine hohe Zündwilligkeit, d.h. je mehr Öl im Gemisch ist desto geringer wird die Klopffestigkeit.

    Motoröl hat keine höhere Zündwilligkeit als Ottokraftstsoff, darüber gibt die Zündtemperatur Aufschluss. Benzin hat eine Zündtemperatur je nach Additivierung und Oktangehalt zwischen 220-460°C, für Motoröl ist die Zündtemperatur mit ca. 500°C definiert, demzufolge sollte die Klopffestigkeit nicht negativ beeinflusst werden.

  • Theorie und Praxis....
    Hab das noch nicht feststellen können. Wir sind früher auch viel 1:25 mit 15w40 gefahren. Könnte nicht sagen das man saß erstens leistungsmäßig gespürt hätte, noch das der Motor mehr oder weniger geklingelt hätte. Und wir sind teils hohe Verdichtungen gefahren (aus Unwissenheit)

  • Hallo zusammen,

    vielen Dank erstmal für die vielen Vorschläge und Diskussionen. ;)
    Ich werde mich an der Vorgehensweise von MRK orientieren und dann einfach mal sehen.

    Ich habe gestern meinen Zylinder wiederbekommen und das Moped wird diese Woche hoffentlich fahrbereit.
    Optik mache ich dann nach und nach.

    Wenn die Eierfeile fertig ist, folgen natürlich ein paar Bilder. :)

    Viele Grüße und gute und sichere Fahrt in der neuen Saison!

    David

  • Vorab - Das Thema kann gerne in die Vorstellungsrunde verschoben werden, wenn gewünscht. :)

    Die Simson ist doch jetzt erst fertig und ich bin die ersten 50 km gefahren.
    Ich bin überrascht, wie schnell man sich an die Abläufe gewöhnt, aber ich habe noch bisschen Bedenken, dass ich etwas kaputt mache. :oops:
    Es macht aber wirklich unheimlich Spaß und sofern ich das beurteilen kann, fährt Sie sich bereits sehr schön.
    Ich bin gespannt, ob und wie sich das Leistungsniveau noch entfaltet.

    Gemacht wurde folgendes:
    - Motor regeneriert
    - Kurbelwelle aus der S70
    - Zylinder geschliffen, kleine "Sportbearbeitung" der Kanäle und Barikit 2 Ring-Kolben
    - Vape Zündung
    - neuer Auspuff + Krümmer
    - 100 km/h Tacho mit Blinkerkontrolle
    - Stoßdämpfer, in schwarz, mit offener Feder
    - Alufelgen in schwarz, mit schwarzer Nabe und Edelstahlspeichen
    - Ankerplatten/ Bremsschild schwarz gepulvert
    - Kotflügel, Gepäckträger, Blinkerträger schwarz gepulvert
    - etliche Teile foliert, wie z.B. die Telegabel
    - neue Sitzbank
    - einige Teile anlackiert um Platzer und Kratzer zu kaschieren
    - Tankset mit Owatrol-Öl konserviert

    Den Kleinkram erspare ich euch. :)
    Ich habe versucht möglichst viele Originalteile zu erhalten bzw. zu verwenden aber mir gefällt einfach die Optik mit etwas mehr schwarz besser.

    Ich freue mich auf weitere Kilometer mit der fast 36 Jahre alten S51.
    Anbei noch ein paar Bilder.

    VG

  • Hey alfstingray,

    da ich ja bisher wirklich 0 Erfahrungen mit Simson hatte, habe ich mich da auf meine Mopedwerkstatt verlassen.
    Er hatte ja den Motor gespalten und regeneriert und ich habe ihm dann nur Zylinder (Original 50ccm DDR) + 2 Ring Kolben vorbeigebracht.
    Er hatte mir die 70er Welle empfohlen.
    Er macht das seit 35 Jahren und da gehe ich ja eigentlich von aus, dass er da auch weiß was er tut.
    Aber ja auch auch "Profis" können sich irren ?!

    Auf jeden Fall Danke für den Hinweis.
    Ich werde es beobachten.

    VG

  • Jetzt bin ich etwas verwirrt, weil deine Aussage sich mit der von meiner Werkstatt beißt.
    Er meinte nämlich genau, dass die 70er Welle "stabiler" sei.

    Ich werde jetzt mal die Einfahrphase abwarten oder meinst du hier besteht jetzt dringender Handlungsbedarf?

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